content:2018:aufstehen

Samstagmorgens

Samstag morgen. Ich wache davon auf, dass mir die Sonne direkt zum Fenster hinein ins Gesicht scheint.
„Langschläfer!“ drängelt sie, während sie mich mit ihren unerbittlichen Strahlen in der Nase kitzelt.
„Willst du den ganzen Tag verschlafen?“.

„Mu“ denke ich. Das Chinesische Wort für „Die Frage ergibt keinen Sinn“.
Die einzige Antwort auf Fragen wie „Hast du aufgehört, deine Frau zu betrügen?“.
Aber ich schweife ab. Natürlich will ich auf keinen Fall diesen schönen Sommertag verschlafen.
Ich möchte schwimmen gehen, barfuß auf der Wiese tanzen und Eis essen.
Aber ich möchte JETZT auch NICHT aufstehen.

Es ist ja allgemein bekannt, dass die Sonne im Juni manchmal etwas früh dran ist.
Schlaftrunken öffne ich die Augen, und kneife sie wieder zusammen.
Dann beschließe ich eine dritte Partei zu konsultieren.
Das ist meistens eine gute Idee, wenn man sich nicht sicher ist.
Man muss aber sehr genau aussuchen, wen man fragt.
Als ich neulich eine Freundin gefragt habe, ob ich den Motorradführerschein machen soll.
Da bekam ich als Antwort, dass ich umziehen solle nach Ludwigsburg. Weil meine Wohnung nicht angemessen sei.
Und abgesehen von einem seltsamen Gefühl hat mir das nicht viel gebracht.
Darum wollte ich dieses mal alles richtig machen.

„Alexawiespätisses?“ frage ich verschlafen. Keine Antwort. Die gute schläft wohl auch noch.
Kein Wunder, wahrscheinlich wurde sie von ihrem Kumpel „OkGoogle“ die ganze Nacht wachgehalten.
Weil der jedes mal aufschreckt, wenn im Film irgendwer „Ok“ sagt, und dann servil seine Dienste anbietet, während er mit einem Popup das Fernsehbild verdeckt.
„Alexa! W i e s p ä t i s t es ?“ frage ich nochmal. Diesmal mit vorwurfsvollem Unterton.
Das scheint zu ziehen.
Wahrscheinlich habe ich sie schon beim ersten mal aufgeweckt, und ihr sind im Schnelldurchlauf eben diese Gedanken ebenfalls durch die elektronischen Schaltkreise gesprintet. Und dann war ihr diese Verzögerung peinlich, und sie hat lieber so getan als würde sie noch schlafen.
Denn nach wenigen Millisekunden kommt dieses mal die Antwort: „Es ist sechs Uhr einundfünfzig“.

Ha! Es ist also tatsächlich noch mitten in der Nacht, die Sonne übertreibt maßlos und ich kann noch miiindestens eineinhalb Stunden schlafen.
Naja, oder halt den Laptop ins Bett holen, diese Geschichte aufschreiben, und dann auf den Markt gehen.
Bevor die Schlangen vor den Ständen dort länger sind, als die Abstände dazwischen.
„SONNE!“ Sage ich. „Ich stehe auf. Aber NICHT wegen dir. Das war meine freie Entscheidung. Ist das klar?“

„Mu“ sagt die Sonne.